Heki Sommerseminar 2022

(08.08.2022 – 12.08.2022)

Ein ganz besonderes Heki-Sommerseminar im Shu Gi Kan Kyu Dojo

Text und Fotos: Marion Moritz

Hungrig schienen die Kyudoka nach zwei Jahren Pandemie zu sein, hungrig nach Input. Das Heki Sommerseminar in Rottweil mit Kurosu Sensei und Ueno san war drei Tage nachdem die Ausschreibung veröffentlicht wurde ausgebucht. Es brauchte nur wenige Tage mehr und die Warteliste war auf über zehn Kyudoka angewachsen. Gute Voraussetzungen für die Ausrichter. In den verbleibenden Wochen konnten die Vorbereitungen konkretisiert werden. Der August rückte näher und das Wetter versprach kyudotechnisch optimale Bedingungen. 

Das Seminar beginnt

Das gleißende Sonnenlicht, das an diesem Montagmorgen durch die breite Toröffnung auf den Boden des Shu Gi Kan Kyu Dojo fiel, wärmte das Parkett und so den angereisten Kyudoka ihre Fußsohlen. Die Seminarteilnehmer standen in kleinen Gruppen zusammen und waren voll gespannter Erwartung. Freudige Begrüßungen waren zu hören, Bögen wurden aufgespannt, die Kleidung nochmals zurecht gezupft. Fünf Tage intensives Kyudo. Einige wussten was vor ihnen lag, für andere war es Neuland. Fünf Tage unter den Augen von Kurosu Sensei, der einen Kyudofreund aus Sendai mitbrachte: Ueno san, einen sehr erfahrenen Heki-Schützen. Mit im Team war Manfred Speidel, der alles geduldig übersetzte und Sven Zimmermann, der die offizielle Seite des DKyuB vertrat.
Nach dem Angrüßen und einem Yawatachi zeigten die dreißig Schützen im Vorschießen den Stand ihrer Technik. Während Kurosu Sensei und Sven Zimmermann sich Notizen machten, prüfte Ueno san als Assistent das Zielbild. Korrekturen gab es jeweils unmittelbar nach dem Vorschießen zweier Schützen. Dank der Übersetzungen von Manfred Speidel gab es keinerlei sprachlichen Barrieren. 

Rundum und bestens versorgt

Im Schwäbischen gibt es das Sprichwort, das es auf den Punkt bringt: „Um’s rumgucka kascht nimme numgucka!“ Für alle Nicht-Schwaben folgt hier die sinngemäße Übersetzung: „So schnell kann die Zeit vergehen!“, was am Ende heißt: Essenszeit!
Kurze Wege, das war eines der Ziele, das sich Marion Moritz und Bernhard Weller, das Ausrichterteam in diesem Kyudo-Sommer vorgenommen hatten. Mittag- und Abendessen gab es gleich gegenüber, keine dreißig Meter entfernt in der Wandelbar. Die Inhaberin war extra für die Kyudoka schon einige Tage früher aus dem Urlaub zurückgekommen und so genossen alle die Exklusivität das Restaurant für sich alleine zu haben. Im Schatten mächtiger Bäume und unter Sonnenschirmen stellte sich entspanntes südliches Flair ein.

Viele Teilnehmer nutzten das großzügige Platzangebot, das das Shu Gi Kan Kyu Dojo bietet, um Kosten und Wege klein zu halten. Die Dojo-Schläfer machten zwei Drittel der Seminarteilnehmer aus. Die ruhige Lage lud einige dazu ein im Dojo-Garten zu zelten, andere bevorzugten den schlichten Komfort der Empore. Üppiges Frühstück mit frischen Brötchen förderte schon früh morgens den regen Austausch zum Thema Kyudo.
Für Überraschungen sorgten zwei Kyudoka aus Rottweil, die nicht am Seminar teilnahmen, es sich aber nicht nehmen ließen ihren Beitrag zur „Wohlfühlatmosphäre“ zu leisten. Michael Heiß, seines Zeichens Bäckermeister, lieferte kartonweise frische Himbeerroulade und Bienenstich zur Kaffeepause und anderntags stand Claudia Kienzle mit einer riesigen Kühlbox voll Eis am Stil im Dojo. Die Kyudoka waren begeistert.

Immer im Gespräch bleiben

Besuch von offizieller städtischer Seite gab es am Dienstagvormittag. Der Leiter des Kultur- und Sportamts, Herr Schaffert und seine Assistentin Frau Probst begrüßten die japanischen Gäste und verschafften sich einen Ein- und Überblick über das japanische Bogenschießen. Beim anschließenden Kaffee-Gespräch im Pausenraum mit Kurosu Sensei, Manfred Speidel und Marion Moritz vertieften die beiden ihre Eindrücke. Echte Begeisterung war spürbar! Eine Reporterin der lokalen Presse, die zu diesem offiziellen Termin anwesend war, war ebenso fasziniert wie interessiert, was sich in einem Bericht in der Tagespresse niederschlug.

Wissen schaffen und vertiefen

Nicht nur intensives Üben am Bogen kennzeichnete die fünf Tage. Kurosu Sensei sorgte mittels Vorträgen und Fragestunden dafür, dass das theoretische Wissen der Zuhörer rund ums Kyudo wuchs. Ueno san untermalte die Wissensvermittlung gekonnt mit bildhafter Demonstration am Bogen. Und ohne Manfred Speidel, der hier nochmals erwähnt werden muss, wäre ein solches Seminar schlichtweg nicht denkbar!
Michaela Surke und Christian Sela aus Dresden steuerten ein besonderes Highlight bei. Sie demonstrierten auf der Dojo-Wiese vor dem Azuchi Kazuya und Koshiya, die beiden Formen des Kriegsschießens. Kurosu Sensei gab zuvor eine detailreiche Einführung für die fasziniert zuhörenden Seminarteilnehmer.

Nicht nur Kyudo, auch etwas Kultur darf es sein

Der Mittwochnachmittag ist traditionell für die Regeneration geschundener Yunden verplant oder anders formuliert: Sightseeing! Seit einigen Jahren gibt es in Rottweil mehr als nur wunderschöne mittelalterliche Häuser und Gassen zu bestaunen. Unweit des Dojo schraubt sich der TK-Elevator-Testturm 246 Meter in den Rottweiler Himmel. Dieses touristische Highlight wollten die japanischen Besucher und die anderen Lehrgangsverantwortlichen sich nicht entgehen lassen. Mit dem gläsernen Außenaufzug schoss die Gruppe hinauf auf die Besucherplattform. Der strahlende Sonnenschein, der das Seminar die ganze Woche begleitete, sorgte für beste Rundumsicht auf die alte Reichsstadt, deren Umland und, wenn das Wetter es zulässt bis zu den Alpen.
Zweite Anlaufstelle an diesem Nachmittag war der alte Ratssaal im Rathaus von Rottweil. Marco Schaffert, Leiter des Kultur- und Sportamts hatte bei seinem Dojo-Besuch die Einladung ausgesprochen. Diese Perle der Renaissance ist für Besucher normalerweise nicht zugänglich. So war dies eine besondere Würdigung unserer japanischen Gäste durch die städtischen Verantwortlichen. Selbst der Oberbürgermeister Rottweils, Ralf Bross nahm sich Zeit für die ausländischen Gäste und empfing sie in seinem Amtszimmer.

Eine Gemeinschaft auf Zeit

Es ist immer wieder eine Herausforderung, wenn eine solch große Gruppe von Menschen fünf Tage zusammen lebt und arbeitet. Es fügte sich aber alles auf das Wunderbarste. Die Dojo-Dienste wurden von den Teilnehmern perfekt ausgeführt. Hilfe war stets zur Stelle, wenn sie benötigt wurde. Ein tolles Miteinander, das nachhaltig wirkt. 

Dem Ende entgegen

Der letzte Tag war nochmals geprägt von einem abschließenden Vorschießen. Eine letzte Beurteilung des Schießens, letzte Tipps und Anweisungen für das eigene Training im heimischen Dojo. Ein produktives, harmonisches und rundum stimmiges Heki-Sommerseminar ging zu Ende.
Das dickste Dankeschön gilt unserem geduldigen Kurosu Sensei und seinem unermüdlichen Assistenten Ueno san. Manfred Speidel, der unermüdlich nicht nur seine Sprachkenntnis sondern auch sein Kyudo-Wissen zur Verfügung stellte und Sven Zimmermann, die „graue Eminenz des DKyuB“, der sich stets dezent im Hintergrund hielt und das Gesamte im Auge hatte.
Einige „Unsichtbare“ sollen hier nicht vergessen werden: Ein ganz großes Dankeschön gilt den Rottweiler Kyudoka, die nicht am Seminar teilnahmen, die in den Wochen zuvor viele Stunden investierten, um den Kyudo-Gästen das Shu Gi Kan Kyu Dojo von der besten Seite zu präsentieren.