Karlsruhe. „Wenn keine Liebe zwischen Schülern und Lehrer fließt, ist der Unterricht untauglich.“
Mit diesem Zitat aus den Gesprächen von Johann Peter Eckermann mit Goethe umriss Mori Sensei die grundlegende Haltung zwischen Trainer und Schülern. Während des dreitägigen Trainerseminars, das die Kyudoabteilung des Budo Club Karlsruhe anlässlich ihres 40 jährigen Jubiläums ausrichteten, stand neben der Einstellung und Haltung der Trainer beim Unterrichten vor allem das individuelle Üben im Vordergrund.
Die Gruppe war gut gemischt aus Trainern und Trainerinnen mit langjährigen Erfahrungen und einigen „Newcomern“ mit großem Wissensdurst. Beim Vorschießen bekam jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer Übungsaufgaben und hilfreiche Hinweise für das eigene Schießen. Mori Sensei widmete sich an allen Tagen mit großer Aufmerksamkeit und Geduld den Fragen und Belangen. Dank der gewissenhaften Übersetzung von Manfred Speidel und den beigefügten Erläuterungen von Feliks Hoff konnte die Gruppe weitere Facetten und Inhalte der Heki Schule kennenlernen.
Mori Sensei stellte eine Typisierung von Schützen vor, die zu Edozeiten in der Sekka-ha Schule beschrieben wurde. Man definierte fünf Gruppen mit unterschiedlichen Merkmalen: Temai Ite – der schön schießende Schütze, Seiki Ite – der kräftige und lebendige Schütze, Tekiki Ite – der exzellent treffende Schütze, Goukyu Ite – der Schütze, der einen starken Bogen ausdauernd schießen kann und Koushi Ite – der exzellente Lehrer, der nicht zwingend ein exzellenter Schütze sein muss, aber in der Lage ist, das Schießen und theoretische Inhalte zu vermitteln. Zu Kriegszeiten waren vor allem die kräftigen, exzellent treffenden und ausdauernd schießenden Schützen wichtig. In Friedenszeiten, wie wir sie jetzt erleben, ist der exzellente Lehrer von großer Bedeutung.
Davon ausgehend hat Mori Sensei im Jahr 2016 auf seiner Europareise die Schießtechnik von 204 Schützen analysiert. Er konzentrierte sich bei jedem Schützen auf zwei markante Fehler / Mängel. Die Auswertung ergab, dass zirka 23 Prozent der Mängel im Zusammenhang mit dem Tsunomi no Hataraki standen. Zirka 17 Prozent der Fehler veränderten die Form des Tenouchi bis zum Hanare. Zirka 14 Prozent zeigten Mängel in Bezug auf das Hanare selbst. Eine Gruppe von zirka neun Prozent wiesen Fehler beim Zanshin auf. Fehlerhaftes Aufziehen sowie Mängel im Zusammenhang mit Tsumeai, Nobiai, Nerai, Probleme mit dem Material, mentale Planung, Yurumi, Metsukai, Uchiokoshi, Bikkuri und Monomi umfassten zusätzlich auftretende Mängel.
Mori Sensei vermittelte die Wichtigkeit, dass die Schülerinnen und Schüler selbst ein Verständnis entwickeln, den Fehler wahrzunehmen, Bewegungsabläufe zu planen und die Erfahrung der Bewegung zu erweitern. Trainer seien aufgefordert ihre Beobachtungsfähigkeit zu schulen und mit einer Haltung von Sympathie und Aufmerksamkeit die Gefühle, Ängste und Befindlichkeiten wahrzunehmen. In solch einer Atmosphäre von Wohlwollen und Einfühlungsvermögen herrsche ein optimales Lernklima.
Und genau das prägte die Tage während des Gasshuku. Dankbar und bereichert verabschiedeten sich die Teilnehmer von ihrem Bundestrainer, der erneut den weiten Weg aus Japan auf sich genommen hat, um die Teilnehmer ganz im Sinne des Goethezitats mit seinem Wissen und großen Wohlwollen zu unterstützen.
Die Karlsruher Trainergruppe freute sich sehr über die Glückwünsche und freundlichen Worte, die Connie Brandl-Hoff in ihrer Funktion als Vizepräsidentin Ausbildung zum 40 jährigen Jubiläum der Kyudoabteilung übermittelte. Ein besonderer Dank sei an dieser Stelle allen Helfern und Helferinnen ausgesprochen, die zum Gelingen der Veranstaltung beigetragen haben.
Text: M. Gröger-Schaffer, Foto: O. Hirth